Alternativen zum Semmering-Basistunnel?

Zu einer Modernisierung der schlimmsten Engstelle im oesterreichischen und europaeischen Eisenbahnnetz, dem Semmeringuebergang der Suedbahn, gibt es seit den 1930er Jahren Vorschlaege. Die heute verfuegbare Eisenbahn-Infrastruktur ist in verschiedenen Phasen nach unterschiedlichen Trassierungsrichtlinien entstanden. Bis 1848 erfolgte die Errichtung der Eisenbahnen in Europa weitgehend nach dem in England von George und Robert Stevenson entwickelten System. Das spaeter entwickelte amerikanische System war fuer die Ueberschreitung der Mittelgebirge und fuer Trassierungen im huegeligen Alpenvorland geeignet. Fuer die Gebirgsbahnen wurde dieses System weiterentwickelt. Die Semmeringbahn wurde mit Radien unter 190 Meter zum nie nachgebauten Prototyp. Nie wieder wurde danach eine Hauptbahn mit Radien unter 190 Meter errichtet. Erst unter dem Eindruck der wachsenden Konkurrenz des motorisierten Individualverkehrs begann die Suche nach Trassierungsparametern, die einen schnellen Verkehr ermoeglichen. Der Prozess der Erarbeitung neuer Trassierungsregeln wurde in Oesterreich mit der Inkraftsetzung der "Hochleistungs-Richtlinien" im Jahr 1991 abgeschlossen. Unter dem Druck des staendig anwachsenden Bahnverkehrs wird seit den 1970er Jahren der Ersatz der Semmering-Bergstrecke durch einen Basistunnel vorbereitet. Im Jahr 1989 wurde die Hochleistungsstrecken-AG (HL-AG) mit der Planung und dem Bau eines Semmering-Basistunnels beauftragt. Die Bauarbeiten wurden nach ihrem Anlaufen bald blockiert. Um dies zu erreichen, wurde im Dezember 1987 das niederoesterreichische Landesnaturschutzgesetz dem Anlass entsprechend geaendert. Die Natur ist in Niederoesterreich aber offensichtlich nur durch die Eisenbahn und nicht durch den Strassenbau bedroht. Im Jahre 1998 wurde eine Expertengruppe zur Beurteilung der laengerfristigen Entwicklung des Systems Suedbahn eingesetzt, die im September 1998 einen ersten Bericht vorlegte. Seit der Veroeffentlichung dieses Berichts, in dem alle vorhandenen Moeglichkeiten untersucht wurden, werden in den Massenmedien und speziell vom niederoesterreichischen Landeshauptmann immer wieder die Aspangbahn und eine Verbindung ueber Ungarn als Alternativen zum Semmering-Basistunnel bezeichnet. Dabei werden eingleisige Regionalstrecken mit hohem landschaftlichem Betrachtungswert als Hochleistungsstrecken deklariert. Beispielsweise ist die Trassierung der Aspangbahn fuer einen modernen Hochleistungsverkehr vollkommen ungeeignet und auch nicht adaptierbar. Wollte man naemlich eine Hochleistungsstrecke ueber den Wechsel bauen, so waeren ein Wechsel-Scheiteltunnel und umfangreiche Neutrassierungen zumindest von Hartberg Richtung Graz notwendig. Die Kosten einer solchen Hochleistungs-Aspangbahn waeren ungleich hoeher als jene des Semmering-Basistunnels. Auch bei der ueber Ungarn fuehrenden Schienenstrecke von Wien nach Graz handelt es sich um Strecken mit schlechten Trassierungsparametern und ausserdem bedeutet sie einen Umweg von zusaetzlich 80 Kilometern. Falls sie ueberhaupt elektrifiziert wuerde, wiese sie zwei unterschiedliche Stromsysteme auf. Die politische Behinderung des Baus des Semmering-Basistunnels stellt den gesamten Eisenbahnausbau im Rahmen einer "Neuen Suedbahn" in Frage. Dabei geht es um internationale Verbindungen und um die Entwicklungsmoeglichkeiten der steirischen Wirtschaft. (KfV/A)

  • Authors:
    • RIESSBERGER, K
  • Publication Date: 2000

Language

  • German

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Filing Info

  • Accession Number: 01203952
  • Record Type: Publication
  • Source Agency: Kuratorium für Verkehrssicherheit (KfV)
  • Files: ITRD
  • Created Date: Oct 7 2010 7:49PM