Medizinalcannabis und cannabisbasierte Arzneimittel: Ein Appell an Ärzte, Journalisten, Krankenkassen und Politiker für einen verantwortungsvollen Umgang

Auf Grundlage des Gesetzes zur "Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften" vom 06.03.2017 können Ärzte aller Fachrichtungen ohne besondere Qualifizierung Cannabisblüten (sogenannter Medizinalhanf) und cannabisbasierte Arzneimittel in Deutschland verschreiben. Das Gesetz verzichtet ausdrücklich darauf, einzelne Indikationen aufzuführen, das heißt, Cannabisblüten und -extrakte können verordnet werden, wenn "eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung im Einzelfall nicht zur Verfügung steht", oder im Einzelfall beim Patienten nach Einschätzung des behandelnden Arztes aus medizinischer Sicht nicht zur Anwendung kommen kann und eine Aussicht auf spürbare positive Wirkungen hinsichtlich Krankheitsverlauf oder schwerwiegenden Symptomen besteht. Festgestellt wird, dass man in Deutschland damit die gesetzlichen Regularien eines geregelten und abgestuften Zulassungsprozesses einschließlich anschließender Marktbeobachtung verlassen hat. Einzigartig in Europa sei, dass die Verschreibung von Medizinalcannabis und cannabishaltigen Arzneimitteln nicht auf spezielle Indikationen beschränkt wurde, andererseits gebe es auch in keinem anderen Land eine Überprüfung der Anträge auf Kostenübernahme durch einen medizinischen Dienst. Aus Sicht der eigenen, klinischen Erfahrungen der Autoren werden die Entwicklungen in Deutschland seit Einführung des Gesetzes betrachtet und zwar hinsichtlich der in den Medien erfolgten Darstellung des medizinischen Nutzens von Cannabis, den verfügbaren Informationen zu Indikationen, Anwendung, Risiken oder Nebenwirkungen, sowie dem Fachwissen von Ärzten. Die aktuelle Situation wird mit Sorge betrachtet und daher gezielte Appelle an Ärztinnen und Ärzte, die medizinischen Fachgesellschaften, Journalisten, Krankenkassen, sowie die Politik gerichtet. Ziel müsse unter anderem sein, Forschungsbemühungen zu unterstützen, und zwar in Form randomisierter kontrollierter Studien als auch in Form anderer Ansätze wie Patientenregister und Fallserien, denn Erkenntnisse aus solchen Studien lieferten gesichertere Erkenntnisse, als was bisher bekannt sei. Medizinische Fachgesellschaften sollten interdisziplinäre Leitlinien zum Umgang mit cannabisbasierten Arzneimitteln erstellen. Ärzte werden aufgefordert, betäubungsmittelrechtliche Regularien und Kontraindikationen zu beachten, Rezeptur- und Fertigarzneimittel zu bevorzugen, da dafür Dosierungsregimes vorlägen, sowie die Forschungsbemühungen zu unterstützen.

  • Availability:
  • Authors:
    • Häuser, W
    • Hoch, E
    • Petzke, F
    • Thomasius, R
    • Radbruch, L
    • Batra, A
    • Sommer, C
    • Havemann-Reinecke, U
  • Publication Date: 2019-6

Language

  • German

Media Info

  • Media Type: Print
  • Features: References;
  • Pagination: pp 180-4
  • Serial:
    • Blutalkohol
    • Volume: 56
    • Issue Number: 3
    • Publisher: Steintor-Verlag GmbH
    • ISSN: 0006-5250

Subject/Index Terms

Filing Info

  • Accession Number: 01710683
  • Record Type: Publication
  • Source Agency: Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt)
  • Files: ITRD
  • Created Date: Jul 11 2019 9:35AM