Alters- und krankheitsbedingtes Unfallrisiko

Eine grosse Zahl von Studien belegt den bedeutsamen Einfluss von Krankheiten und Medikamenten auf das Verkehrsunfallrisiko. Unterschiede in den Ergebnissen sind zu einem grossen Teil auf die Anwendung unterschiedlicher Methoden oder die Wahl der Stichproben zurueckzufuehren. Bei der Anwendung von Fall-Kontroll-Studien bestehen Unterschiede in der Wahl der Kontrollgruppe oder in der Ergebnisdarstellung. Nicht in allen Studien wird das adjustierte, also das von bestimmten anderen erfassten Merkmalen bereinigte Odds Ratio angegeben. Adjustierte Odds Ratios liegen unter Umstaenden deutlich unter dem Wert der nicht-adjustierten Odds Ratios. Die meisten Studien beruecksichtigen nicht den Umstand, dass Krankheiten unterschiedliche Stadien durchlaufen und dass die berechneten Risikowerte deshalb nicht notwendigerweise fuer alle diese Stadien Gueltigkeit besitzen muessen. So kann es sich bei einem Odds-Ratio von 0,10 im Falle einer Enzephalopathie sicherlich nur um ein ganz fruehes Stadium handeln, in der der Patient krankheitsbedingt besonders vorsichtig faehrt. Erst wenn die Krankheit fortgeschrittener ist, und der Patient nicht mehr in der Lage ist, die zunehmende Beeintraechtigung zu kompensieren, und gleichzeitig faelschlicherweise davon ueberzeugt ist, den Anforderungen weiterhin gewachsen zu sein, steigt das Unfallrisiko deutlich an. Fuer einige Krankheiten ist die durch sie auftretende Gefaehrdung im Strassenverkehr noch nicht eindeutig bestimmt. Zu diesen Krankheiten zaehlt Morbus Parkinson. Fuer Autofahrer, die an dieser Krankheit leiden, sind ploetzlich auftretende Einschlafattacken am Tag besonders gefaehrlich. Morbus Parkinson Patienten leiden haeufig unter Depression und Schlafstoerungen, wodurch sich eine Unfallgefaehrdung erhoeht. Was den Einfluss von bestimmten Medikamenten auf das Unfallrisiko angeht, so sollte hervorgehoben werden, dass die Wirkung eines Medikamentes auf das Fahrverhalten einer Person zum einen abhaengig ist vom Wirkstoff, zum anderen aber auch von der Dosis, der Zeitdifferenz zwischen Applikation und Leistungsanforderung, dem Einnahmeverhalten des Patienten (Compliance), den Dispositionen des Patienten sowie der Einnahme zusaetzlicher psychotroper Substanzen. LeRoy & Morse (siehe AN 01103994) haben zwar das Unfallrisiko (Odds Ratio) fuer eine Reihe von Interaktionen zwischen verschiedenen Medikamenten berechnet. Die geringen Fallzahlen lassen jedoch eine Generalisierung der Ergebnisse nicht zu. Hier besteht noch erheblicher Forschungsbedarf. Die Ergebnisse verschiedener Studien (zum Beispiel Holte & Albrecht, siehe AN 01205764; LeRoy & Morse, siehe AN 01103994) bestaetigen die Notwendigkeit, der im Alter haeufig vorliegenden Multimorbiditaet vermehrt in der Verkehrssicherheitsarbeit Aufmerksamkeit zu schenken. Gerade bei Personen, die an mehreren Krankheiten gleichzeitig leiden und dadurch mehr Medikamente einnehmen als Personen mit einer einzelnen Erkrankung, ist es wichtig, auf eine Veraenderung ihres Verkehrsverhaltens hinzuwirken.

  • Availability:
  • Corporate Authors:

    Universitaet Bonn, Zentrum fuer Evaluation und Methoden (ZEM)

    Roemerstr. 164
    Bonn,     D-53117
  • Authors:
    • Holte, H
  • Publication Date: 2011

Language

  • German

Media Info

  • Media Type: Print
  • Features: Figures; References; Tables;
  • Pagination: pp 61-84
  • Monograph Title: Aeltere Verkehrsteilnehmer - gefaehrdet oder gefaehrlich? Defizite, Kompensationsmechanismen und Praeventionsmoeglichkeiten
  • Serial:

Subject/Index Terms

Filing Info

  • Accession Number: 01514286
  • Record Type: Publication
  • Source Agency: Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt)
  • ISBN: 978899718850
  • Files: ITRD
  • Created Date: Feb 12 2014 9:39AM