Fahrverbot fuer wiederholte Geschwindigkeitsueberschreitungen auf dem verfassungsrechtlichen und rechtspolitischen Pruefstand

Nach der seit Juli 1989 geltenden Bussgeldkatalog-Verordnung (BKatV) soll gemaess Paragraf 4 Absatz 2 Satz 2 bei der Ahndung einer Geschwindigkeitsueberschreitung ein dieser Tat vorausgegangener Geschwindigkeitsverstoss zur Verhaengung eines Fahrverbots fuehren, wenn die Vortat nicht laenger als ein Jahr zurueckliegt. Fuer die Bestimmung des Jahresfristbeginns knuepft die Regelung an den Rechtskrafteintritt der Entscheidung ueber die Vortat an. Es wird kritisiert, dass diese Regelung in einer Reihe von Faellen zu weit beziehungsweise zu kurz greift, beides als Folge davon, dass der Fristbeginn statt an das Datum der Tatgegehung an das Datum des Rechtskraftseintritts anknuepft. Dies sei weder mit dem rechtspolitischen Ziel der Verordnungsregelung noch mit dem Gleichheitsgebot des Grundgesetzes vereinbar. Untersucht werden zwei Problemgruppen, zum einen diejenigen Vortaeter, die die erste Tat frueher als ein Jahr vor der zweiten Tat gegangen haben, den Tatvorwurf ohne Beschreitung des Rechtswegs hingenommen haben und die Ersttat nur deshalb noch sanktionsverschaerfend in Betracht gezogen werden kann, weil die befassten Stellen fuer den Erlass des Bussgeldbescheides so lange gebraucht haben, dass der Rechtskrafteintritt des Bescheides noch in die Jahresfrist faellt. Diese Gruppe ist gegenueber anderen Betroffenen, die gleichfalls nicht den Rechtsweg beschritten haben, durch das langsame Arbeitstempo der Behoerden benachteiligt. Die zweite Problemgruppe betrifft Faelle, in denen die Betroffenen gegen den vortatbezogenen Bescheid Rechtsmittel eingelegt haben und bei denen die Besonderheit darin liegt, dass die Rechtskraft der Entscheidung ueber die Vortat erst nach dem Begehungsdatum der Zweittat eingetreten ist, aber dem mit der Zweittat befassten Gericht noch vor Abschluss des auf die Zweittat bezogenen Verfahrens bekannt wird. Dadurch wird die bei natuerlicher Betrachtung als Vortat anzusehende Tat kraft der in der Regelung vorgeschriebenen Anknuepfung des Jahresbeginns an die Rechtskraft zur Nachtat dieses Zweitverstosses. Im Rahmen der Wuerdigung des Unrechtsgehaltes der Zweittat kommt sie zu spaet und muss folglich in der Entscheidung des Gerichts unberuecksichtigt bleiben. Kritisiert wird auch der im Ergebnis unzutreffende und nicht mit allgemeiner Bindungswirkung ausgestattete Nichtannahmebeschluss der 2. Kammer des 2. Senats des Bundesverfassungsgerichts, den den Blick der Fachgerichte auf die Problempunkte der Fristregelung auf lange Dauer verstellt hat. Es wird empfohlen, die Regelung zu novellieren, indem auf eine starre Fristbegrenzung verzichtet wird und die Verhaengung eines Fahrverbots neben der Geldbusse in das richterliche Ermessen bei der Strafzumessung in Anlehnung an die Wertungskriterien des Paragrafen 46 Strafgesetzbuch (StGB) ueberantwortet wird.

Language

  • German

Media Info

  • Media Type: Print
  • Features: References;
  • Pagination: pp 190-6
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Subject/Index Terms

Filing Info

  • Accession Number: 01471807
  • Record Type: Publication
  • Source Agency: Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt)
  • Files: ITRD
  • Created Date: Feb 5 2013 9:12AM