Kapitel 7 - Beeintraechtigung fahrrelevanter Leistungen nach Rauchen von Cannabis und nach Alkoholkonsum - eine vergleichende Metaanalyse experimenteller Studien

Angesichts wachsender Bedeutung von Cannabis als Rauschdroge und nachdem die negativen Auswirkungen von Cannabiskonsum auf das Fahrverhalten bekannt sind, ist es naheliegend, die Wirkungen nach Cannabiskonsum an den Wirkungen nach Alkoholkonsum zu messen. Ein derartiger Vergleich kann in einzelnen experimentellen Studien nur unvollkommen vorgenommen werden. Eine bessere Vergleichsmoeglichkeit wurde geschaffen, nachdem Krueger (1990, 1993) sowie Krueger, Kohnen, Diehl und Hueppe (1990) ein Klassifikationssystem zur Erfassung des Leistungsprofils nach geringen Alkoholdosen etablierten und diese Klassifikation fuer die Metaanalyse experimenteller Studien nach Cannabiseinfluss von Berghaus (1993, 1994, 19995) uebernommen wurde. Die vorliegende Metaanalyse der Alkoholeffekte basiert auf 120 Studien mit 923 Leistungsbefunden. Die Analyse ueber Cannabiseinfluss umfasst 66 Studien mit 761 Befunden. Sowohl fuer Cannabis als auch fuer Alkohol nimmt die Haeufigkeit von Leistungsdefiziten mit steigender Konzentration im Blut zu und sowohl geringe Alkohol- als auch Cannabisdosen koennen negative Auswirkungen auf fahrrelevante Leistungen haben. Waehrend sich jedoch fuer Alkoholkonzentrationen bis etwa 0,3 Promille BAK die Ueberlebenskurve nur unmerklich aendert, faellt die Leistungskurve fuer Cannabis bei geringen Konzentrationen deutlicher. 50 Prozent aller beobachteten Effekte waren signifikant verschlechtert, wenn eine Blutalkoholkonzentration von 0,73 Promille vorlag. Um das gleiche Leistungsdefizit nach Rauchen von Cannabis zu erreichen, war eine Konzentration von 11 Nanogramm je Milliliter Plasma notwendig. Dieser Wert wird etwas mehr als eine Stunde nach Rauchen einer 20-Milligramm-Cannabis-Zigarette erreicht. Waehrend bei Alkoholkonsum die Simulator- und Fahrleistungen, die En- und Decodierungen sowie die geteilte Aufmerksamkeit in der Rangordnung der Defizite an vorderer Stelle stehen, sind es nach Cannabiskonsum das Tracking, die Psychomotorik und die Simulator- und Fahrleistungen. Die Reaktionszeit wird unter dem Einfluss beider Substanzen erst bei hoeheren Konzentrationen geschaedigt. Die subjektive Einschaetzung der Leistungsfaehigkeit hat nach Cannabiskonsum vorsichtiges, nach Alkoholkonsum unkontrolliertes Verhalten zur Folge. Cannabis schraenkt bereits bei sehr geringen Dosierungen die psychomotorischen Faehigkeiten ein, Alkohol dagegen fuehrt schnell zu Fehlern bei der Informationsverarbeitung und bei geteilten Aufmerksamkeitsaufgaben. Cannabiskonsum fuehrt zu zeitweiligem Abschweifen der Konzentration auf unbedeutende Nebenreize und bereits bei geringen Cannabismengen tritt eine signifikante Verschlechterung der komplexen Wahrnehmungsleistungen ein. Viele experimentelle Studien weisen darauf hin, dass unter Cannabiseinfluss Aufgaben so umstrukturiert werden, dass sie trotz der Beeintraechtigungen loesbar bleiben. Die Uebertragung experimenteller Befunde in den Verkehrsalltag hinein ist nicht in der Weise moeglich, dass entschieden werden koennte, welche Substanz zu einem hoeheren Unfallrisiko fuehrt. Dass Cannabis in entsprechenden Dosierungen zu einer Verringerung der Fahrsicherheit fuehrt, ist unbestreitbar. Zur Gesamtaufnahme siehe ITRD-Nummer D346347. (KfV/A)

  • Availability:
  • Authors:
    • Berghaus, G
    • KRUEGER, H -
    • Vollrath, M
  • Publication Date: 1998

Language

  • German

Media Info

Subject/Index Terms

Filing Info

  • Accession Number: 01188713
  • Record Type: Publication
  • Source Agency: Kuratorium für Verkehrssicherheit (KfV)
  • ISBN: 3-437-21486-1
  • Files: ITRD
  • Created Date: Oct 7 2010 1:21PM