Determinanten der Verkehrsentstehung

Der vorliegende Beitrag versucht die wichtigsten Bedingungen der Entstehung von Verkehr zu identifizieren. Ziel ist es, das Geflecht gesellschaftlicher, kultureller und wirtschaftlicher Entwicklungen sichtbar zu machen und Handlungsoptionen aufzuzeigen, mit denen durch sinnvolle Verkehrsverringerungsstrategien ein Beitrag zum Erreichen der Politikziele geleistet werden kann. Eine Fortsetzung des ungebrochenen Verkehrswachstums wuerde die Loesung wichtiger umweltpolitischer Fragen - wie den Klimaschutz oder die Senkung des Flaechenverbrauchs - wesentlich erschweren. In den letzten Jahrzehnten haben die Siedlungsentwicklung und die Zunahme der Handelsverflechtungen sowie veraenderte Lebensstile und der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur das Verkehrswachstum wesentlich bestimmt. Massnahmen, die auf diese Determinanten des Verkehrs wirken, koennen daher auch die Entstehung von Verkehr beeinflussen. Eine geordnete Siedlungsentwicklung ist eine wichtige Voraussetzung fuer die Eindaemmung des Verkehrs bei gleichzeitig hoher Mobilitaet. Multifunktionale Staedte, die nicht nur dem Arbeiten und Einkaufen, sondern vermehrt auch wieder dem Wohnen dienen, sind ein lohnendes Leitbild der Staedtebaufoerderung. Dichte, gemischte Siedlungsstrukturen, die trotz Dichte auch Erholungsflaechen freihalten und nahe liegende Ausflugsziele bieten, sowie eine in Stadtteilen mit jeweils eigenen Zentren gegliederte staedtische Organisation bieten die besten Voraussetzungen zur Verkehrsverminderung. Mit steuerlichen Anreizen laesst sich die Neuinanspruchnahme von Flaechen fuer Siedlungszwecke vermindern, die Wiedernutzung von Brachflaechen foerdern und die bauliche Dichte erhoehen. Daneben bedarf es einer bewussten Siedlungspolitik und einer gemeindeuebergreifenden Planung, um Gewerbe- und Wohnungsbauflaechen zu konzentrieren, Natur und Landschaft von Bebauung freizuhalten sowie zum Beispiel Gewerbeunternehmen anzusiedeln, die als Zulieferer oder Abnehmer fuer bereits vorhandene Betriebe Lieferwege verkuerzen helfen. Eine gezielt auf Verkehrsverminderung ausgerichtete Siedlungsplanung wuerde durch einen runden Tisch, an dem im konkreten Planungsprozess alle Akteure zusammengebracht und von Experten beraten wuerden, wesentlich erleichtert. Beim Gueterverkehr liegt ein relativ grosses Verkehrsverminderungspotenzial in der Verringerung des intraindustriellen Handels, das heisst des Handels mit gleichartigen Produkten. Hier handelt es sich um Gueter, die zueinander nahe Substitute sind und deren physischer Charakter sowie deren Produktionsverfahren sich nur geringfuegig unterscheiden. In den betreffenden Regionen sind die Fertigkeiten vorhanden, die gehandelten Gueter selbst zu produzieren, und keine Region kann das Produkt wesentlich billiger herstellen. Deswegen duerfte dieses Handelssegment auf eine Veraenderung der Transportkosten besonders stark reagieren. Die Unterstuetzung der Regionalvermarktung koennte ebenso zur Verminderung der Transportentfernungen beitragen. Auch die Moeglichkeiten zur Verbesserung der Effizienz durch moderne Logistik sind bisher noch nicht ausgeschoepft. Hier koennen Umwelt und Wirtschaft gleichermassen gewinnen. Viele staatlichen Entscheidungen wirken verkehrserzeugend, ohne dass dies beabsichtigt ist. Eine systematische Ueberpruefung von Gesetzen und Verordnungen hinsichtlich ihrer verkehrlichen Wirkungen wuerde unerwuenschte Nebenwirkungen sichtbar machen. Dies gilt fuer alle Bereiche, aber ganz besonders fuer den Infrastrukturausbau, denn die Ausweitung des Infrastrukturangebots traegt erheblich zum Verkehrswachstum bei. Die derzeit verwendeten Bewertungsverfahren geben keine Auskunft ueber die Groessenordnung des durch den Infrastrukturausbau zusaetzlich erzeugten Verkehrs. Auch sind die verwendeten Verfahren nicht in der Lage vorherzusagen, ob der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur die oekonomische Entwicklung einer Region foerdert oder eher behindert.

  • Availability:
  • Authors:
    • VERRON, H
    • HUCKESTEIN, B
    • PENN-BRESSEL, G
    • ROETHKE, P
    • Boelke, M
    • HUELSMANN, W
  • Publication Date: 2005

Language

  • German

Media Info

  • Pagination: 64S
  • Serial:

Subject/Index Terms

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  • Accession Number: 01180883
  • Record Type: Publication
  • Source Agency: Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt)
  • Files: ITRD
  • Created Date: Oct 7 2010 10:09AM