Entwicklungen und Tendenzen im Eisenbahnbrueckenbau

Der Beitrag befasst sich mit einigen grundlegenden normativen Regelungen fuer Eisenbahnbruecken, aktuellen Entwicklungen und zu erwartenden Tendenzen des Baus und der Bemessung. Das Durchschnittsalter von Eisenbahnbruecken betraegt in Deutschland derzeit nahezu 90 Jahre. Hinsichtlich der Normung gelten im Eisenbahnbereich die DIN-Fachberichte 101 bis 104. Der endgueltige Umstieg auf die Eurocodes einschliesslich der Nationalen Anhaenge soll voraussichtlich 2012 durch deren bauaufsichtliche Einfuehrung erfolgen. Seit 30 Jahren werden Eisenbahnbruecken mit dem Lastmodell 71 (LM71) und dem Lastmodell SW/0 beziehungsweise SW/2 bemessen. Es wird der Frage nachgegangen, ob diese Lastmodelle zu robusten Eisenbahnbruecken fuehren und den absehbaren Entwicklungen der Belastungen entsprechen. Zur Beantwortung dieser Frage wird zunaechst auf die Entwicklung der Eisenbahnverkehrslasten im 19. Jahrhundert bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts und danach auf die Herleitung des Lastmodells LM 71 sowie auf die Lastreserven bei Lastenzug S(1950) und Lastenzug N(1922) eingegangen. Da die derzeit gueltigen Lastmodelle Schwaechen aufweisen, wurden Studien zu einem Lastmodell 2000 durchgefuehrt. Hauptgrund fuer diese Neuentwicklung eines Lastmodels war, dass das LM71 ein deterministisches Lastmodell ist, waehrend der Eurocode semiprobabilistisch konzipiert wurde. Das neue Lastmodell 2000 setzt sich aus zwei Einzellasten von 300 kN und einer Gleichstreckenlast von 110 kN pro Meter zusammen. Bei Anwendung dieses Lastmodells werden zusaetzliche Lastmodelle zur Beruecksichtigung des Schwerverkehrs ueberfluessig. Die Ueberlegungen zum neuen Lastmodell beinhalten auch die prognostizierte Entwicklung des Eisenbahnverkehrs. In einem weiteren, gesonderten Kapitel stellt der Beitrag Erfahrungen mit der Festen Fahrbahn (FF) am Uebergang Bruecke/Erdbau vor, da dieses Konstruktionelement bisher weniger intensiv behandelt wurde. Als Ergebnis dieser Betrachtungen kommt der Autor zur Aussage, dass solche Uebergaege nur in Ausnahmefaellen ausgefuehrt werden sollten. Ein weiterer Hauptteil des Beitrags befasst sich mit dem Leitfaden "Gestalten der Eisenbahnbruecken", wobei insbesondere auf die integrale Bauweise eingegangen wird. In den letzten Jahren hat die DB AG verstaerkt Anstrengungen unternommen, gut gestaltete Bruecken zu entwerfen und zu bauen. Ein Ergebnis dieser Anstrengungen ist die Einrichtung eines Brueckenbeirats und die Herausgabe des Leitfadens "Gestalten der Eisenbahnbruecken", in dem die integrale Bauweise eine herausgehobene Stellung erhielt. Im kurzen Stuetzweitenbereich stellten bei der deutschen Bahn die Rahmentragwerke seit jeher eine Regelbauweise dar. Rahmenbauwerke sind nach heutigem Sprachgebrauch aber nichts anderes als integrale Bauwerke. Insofern ist die integrale Bauweise nicht neu. Neu sind allerdigs lange Bruecken (Talbruecken) ueber viele Felder in integraler Bauweise. Der Beitrag behandelt vor diesem Hintergrund anhand von drei Beispielen integrale Bruecken auf der Neubaustrecke Erfurt-Halle/ und Nuernberg-Erfurt mit den Problemfeldern der integralen Bauweise. Bei allen Beispielen ist das bestimmende Konstruktionsmerkmal die Abtragung der infolge der Interaktion Gleis/Bruecke abzutragenden Laengskraefte aus Anfahren und Bremsen, Schwinden und Kriechen sowie Temperaturschwankungen. Als Hauptprobleme stellten sich jedoch die Nachweise fuer die dynamischen Einwirkungen des Hochgeschwindigkeitsverkehrs, hervorgerufen durch die schlanke Bauweise, heraus. Da bei integralen Bruecken die Interaktion zwischen Baugrund und Bauwerk zu erfassen ist, sind die statischen Berechnungen immer am Gesamtsystem durchzufuehren. Ausserdem duerfen die auftretenden Zwangspannungen nicht zu gross werden. Dies erfordert, dass alle dynamischen Nachweise im Rahmen einer Sensitivitaetsanalyse durchzufuehren sind, mit oberen und unteren Grenzwerten der Steifigkeiten von Bauwerk und Gruendung. Bei allen drei vorgestellten Beispielen ergab sich die Gefahr von Resonanz, die bei zwei Bauwerken zu einer deutlich vergroesserten Konstruktionshoehe des Ueberbaus fuehrten und bei dem dritten einen Nachweis der Dauerfestigkeit der Stahlspannungen erforderte. Weitere Problemfelder betreffen die konstruktive Durchbildung der Rahmenecken, Gruendungsfragen, Fahrbahnuebergangskonstruktionen und das Monitoring im Hinblick auf die Verformungen. Mit integralen Bruecken wird der bisherige Erfahrungshorizont der Deutschen Bahn ueberschritten, deshalb erfordern diese Bauwerke eine Zustimmung im Einzelfall. Zusammenfassend wird festgestellt, dass integrale Bauwerke gestalterisch ueberzeugen, die Dauertauglichkeit aber erst noch nachzuweisen ist.

Language

  • German

Media Info

  • Pagination: 23-40
  • Serial:
    • PRUEFINGENIEUR
    • Issue Number: 38
    • Publisher: BUNDESVEREINIGUNG DER PRUEFINGENIEURE FUER BAUSTATIK
    • ISSN: 1430-9084

Subject/Index Terms

Filing Info

  • Accession Number: 01359423
  • Record Type: Publication
  • Source Agency: Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt)
  • Files: ITRD
  • Created Date: Dec 22 2011 10:15AM